Domstrebe? Ich erklär euch was sie bringt

  • N'Abend liebe Com,


    Wie ihr sicherlich alle schon mitbekommen habt gibt es viele Mythen, Sagen und sehr viel Halbwissen und das nervige "ich-hab-mal-von-einem-Freund-der-Tante-von-der- Perle-des-Bruders-meines-Vaters-Tante-gehört-Wissen". Da möchte ich mich jetzt mal durch Fräsen und aufräumen - jjjjiihhaaaa :chinese:


    In den Produktbeschreibungen sieht man immer „versteift die Karosse (NEIN?! Ernsthaft?!), Spurtreuer (HM?) usw“ aber konntet ihr mal wirklich was damit anfangen?


    Wusstet ihr plötzlich, aus heiterem Himmel dank dieser graaandiioosseenn Beschreibung, wie sich euer geliebter 80er/90er verhält? Was sich am Fahrverhalten oder an der Rückmeldung des Fahrzustandes wirklich ändert? NÖÖ! :pillepalle:


    Ich möchte euch mal so gut erklären wie ich kann, was sich und warum sich etwas ändert. Werde sowohl auf meine Wahrnehmung, der Fahrzeugkonstruktion und auf die Fahrdynamik dahinter eingehen und mit ein wenig Konzentration und physikalischem Grundwissen werdet ihr es verstehen - auch als Leihe. (Ich kann Behauptungen ohne Beweise und Erklärungen nicht ab)


    Natürlich ist es immer eine subjektive Wahrnehmungund hängt stark vom Fahrzeug ab. Allerdings werden sich unsere Wagen sehr ähneln, weshalb ich es mir ausnahmsweise erlauben kann zu verallgemeinern.


    Vorweg einiges zu meinem Fahrzeug:

    Audi Coupe Typ
    89 Bj. 91

    2.3 Fronti (hhrrrwwww)
    40/40 HR Fahrwerk (dazu bald mehr), ca
    1000kM vor der Strebe eingebaut

    320er Raid Sportlenkrad
    Serienbereifung, Serienfelgen
    Die Domstrebe ist eine Verschraubte aus Aluminium


    ___________________________________________________________________________________________________________________________________________

    Was änderte sich denn nun nach dem Einbau und wieso änderte es sich?


    Jeder von uns der ohne Niederquerschnitt rum eiert hat wahrscheinlich schon gemerkt wie das Auto Schwimmt. Die Lenkung ist so ca direkt wie bei einem Frachtschiff, woll?



    Als erstes dachte ich, es liegt eben an dem 60er Querschnitt meiner Bereifung. Großer Schwimmwinkel, lange Dauer bis die Pneus mal eennddllliiccchh die verfluchte Kraft übertragen auf die Straße übertragen.


    HASTE GEDACHTE JUNG! Nach dem Einbau der Strebe war die Lenkung so sensibel und direkt, dass ich bei der ersten schnellen Rechtskurve außer Orts fast RECHTS neben der Kurve das Feld vom Bauern Heinrich ungepflügt hätte! Da wars plötzlich vorbei mit 50m vorher lenken!


    Doch woher kommt dieses Verhalten? Normal heißt es immer, dass das Fahrwerk und die Stabis die Lenkung direktermachen. Also doch nicht? Jain!


    Die Stabis sind in erster Linie dazu da, um die Balance des Fahrzeugs durch absichtliche Radlastverlagerungen zu ändern.
    Ein weiterer Effekt ist, dass sich das unangenehme Rollen um die Längsachse vermindert - ob dies, verändert durch die Stabis dem Grip zuträglich ist, wage
    ich hier zu bezweifeln. Es ändert also kaum etwas, was die Lenkung sensibilisiert.


    Ein tieferes und somit härteres Fahrwerk, vermindert durch den tieferen Schwerpunkt die Radlastverlagerungen rechts/links als auch vorne/hinten- es verbessert also ausschließlich die Traktion - dafürist es ja auch da, woll? J Also wird auch hier die Lenkung nicht positiv beeinflusst.
    (Zum Fahrwerk und Stabis bald mehr)

    ACHTUNG:
    NICHT die Präzision der Lenkung mit der Kurveneigenschaft verwechseln (untersteuern, rollen z.B.)


    Wo durch ist nun die Lenkung so Präzise und direkt geworden?


    Ganz einfach Jungs und Mädchen. Wir fahren soweit ich weiss, alle McPherson Aufhängungen (bitte Google sonst Threat zu lang :pinch:). Bei dieser Aufhängung bildet die Radaufstandsfläche mit dem einen Querlenker und dem Domlager einen zweiseitigen Hebel.


    1)Möchte der Reifen nun eine
    Querkraft übertragen,
    beispielsweise in einer Rechtskurve, wird das Seitenteil
    der Karosse (an dem die Aufhängung befestigt ist) vom Fahrer aus nach Links verdreht, bis die Torsionsspannung der
    Karosse höher ist, als die Hebelkraft des Reifens mit dem Querlenker. Und diese
    Verdrehung (Torsion) dauert halt eine gewisse Zeit- daher die Lenkverzögerung -
    Gecheckt? Sicherlich!
    :)Die Domstrebe, verhindert bis zu einem Gewissen Grad das Verdrehen.
    2)Zudem lenkt dieses Verdrehen indirekt leicht mit, denn
    der Lenkzylinder ist nicht mit den Seitenteilen verbunden. Verdreht sich dies
    nun, wird der Achsschenkel entweder vom Lenkzylinder weg bewegt, oder halt hin.
    Da die Spurstange über dem Drehpunkt liegt, lenkt die blöde Karosse ein wenig mit
    :lol:, logisch woll?



    Lenke ich also nach rechts, verdreht sich das Seitenteil linksherum und der
    Achsschenkel wird vom Zylinder weg bewegt und das Rad wird wieder etwas nach
    links, anstatt nach rechts gedreht, es lenkt also umso mehr gegen, desto großer
    die Seitenkraft und die Torsion ist.


    3)Merkt euch diesen Teil mit der Torsion,
    denn er wird noch mal kommen wahaha!


  • Genauuuu JETZT!


    Denn wir sind beim 2. Punkt, was sich für mich, in meinem Leben durch dieses tolle Stück Eisen (bei mir Alu) verändert hat 8)


    Eine sehr exakte Rückmeldung des so genannten Schräglaufwinkels über das Rückstellmoments des Lenkrads.


    Gesundheit, Lotzkat! ALSO BITTE WAS WILL DER?!


    Ich komme kurz zum Exkurs, wo ich euch ein wenig Fahrphysik nahe bringen werde - sehr sehr nützlich für die Straße!


    Es sei euch erklärt:


    Wenn ihr euch Erklärungen über den Schräglaufwinkel im Netz durch lest, werdet ihr merken wie kompliziert man es erklären kann. Es ist ganz einfach, es ist der Schlupf in Querrichtung - BASTA!


    Jetzt müsst ihr euch wieder sehr konzentrieren meine lieben Audifans.


    Stellt euch ein Quadrat von oben vor, dieses Quader entsteht, wenn ihr von oben einmal um den Reifen Herum zeichnet - Habt ihr?


    Jetzt stellt euch ein Kreutz in diesem Quader vor, es soll jeweils die Seiten genau in der hälfte teilen, treffen tun sich die beiden Linien genau in der Mitte, diese Mitte ist auch der Drehpunkt des Rades, okey dokey?!



    Nun kommt noch ein Quader genau in die Mitte des anderen Quaders, dies ist der Latsch (Reifenaufstandfläche).


    Wenn jetzt eine Kurve gefahren wird, wandert der Mittelpunkt des Latsches nach hinten LOGO?


    Da wir eine Kurve fahren, wird der Mittelpunkt des Latsches seitlich weg gedrückt und schon haben wir einen einseitigen Hebel mit der Aufnahme der Lenkstange -
    Verrück oder?



    Jetzt für die Fahrpraxis:


    Je Schneller wir also fahren, umso größer wird dieser Hebelarm und desto größer wird die Zugkraft an der Lenkstange, dessen Kraft wir müssen mit Hilfe der Servo am Lenkrad aufbringen und halten müssen.


    Der Schräglaufwinkel repräsentiert die Lenkkraft, die übertragen wird. Bis zu einem gewissen Schräglaufwinkel steigt auch die Seitenkraft die max. übertragen werden kann - bis der Grip abnimmt. Bei Rennpneus und Billigreifen schlagartig, bei guten Straßenreifen nach und nach (die Sicherheitsreserve, von denen alle bei teuren Reifen reden).


    Der Fahrer merkt also am Rückstellmoment des Lenkrads, wie es um seinen Grip an der Vorderachse steht. Wird Grip aufgebaut, wird das Moment großer, baut der Grip ab, wird dieses Moment plötzlich kleiner. Da solltet ihr spätestens vom Gas gehen und langsamer fahren!


    Doch was hat jetzt die Domstrebe damit zu tun? Nun, die sich verdrehenden Seitenteile kompensieren und verfälschen logischer Weise ein Teil dieser Kraft.


    Als ich das erste Mal auf teils verschneiter Straße gefahren bin, hat mich dieser Effekt richtig geflashed und überrascht!
    Wieso? Nun, ich habe am Lenkrad gespürt, wie die Reifen Seitenkraft aufgebaut und wieder abgebaut haben. Dieses Rückstellmoment war richtig pulsierend! Ist
    die Straße nun ein wenig glatt, ist die Kraft etwas geringer als gewohnt und ihr merkt sofort, wie es um eure Traktion steht - TOLL!



    JAAAAA es zieht sich ein bisschen ich weisssss, doch keine halben Sachen Jungs und Mädchen!


    Jetzt zum 3. Und letzten Punkt:


    Die maximale Kurvengeschwindigkeit wird größer, das wollen wir doch alle - jaaaaaaa wollo! Endlich wird’s interessant!


    Passt auf: an der Lenkachse habe ich einen sogenannten Nachlaufwinkel. Der sorgt dafür, dass der Sturz der beiden Reifen in Abhängigkeit von Lenkwinkel zu den Gunsten der Kurvengeschwindigkeit verändert wird. (Google J)


    Lenke ich nach rechts, wird das linke Rad negativ gestürzt und das Rechte positiv. Also das wichtige kurven äußere Rad negativ und das Innere positiv.


    (Der Nachlauf ist besonders groß bei schweren Autos. Bei Mercedes sieht man richtig, wie sich das Rad schräg stellt. Zudem ist der Nachlauf mitverantwortlich, dass bei Autos die ausschließlich auf kurvenreichen Strecken fahren, oft die Ränder des Reifens abgefahren sind. Es muss also nicht an zu wenig Druck im Reifen liegenJ)




    Naja zurück zum Thema. Stellt sich der Reifen nun schräg, wandert der Mittelpunkt der Kraft nach außen bzw. nach innen. Also verdreht sich die verdammte Karosse wieder (legt euch mal auf den Bauch und versucht euch mit einem Arm zu heben. Ihr merkt, dass euer Körper verdreht wird) und ein Teil des Sturzes ist wieder flöten gegangen - so ein Dilemma!

    Da nun ein Teil des Sturzes verloren ist, kann ich ja logischer Weise eine nicht mehr so hohe Kurvengeschwindigkeit fahren. Je Schneller ich werde und umso höher die Seitenkraft wird, desto geringer wird unser Sturz (auch der fest eingestellte).


    Für die Lesefaulen noch mal im überblick:


    -Die Lenkung wird direkter und sensibler


    -Bessere Rückmeldung der Seitenkraft zum
    Fahrer


    -Sturzsteifigkeit


    Sooo, das war es erst mal von mit und der Domstrebe :phat:


    Ich hoffe euch hat mein Text gefallen und ihr habt etwas gelernt. Ich denke, in der nächsten Zeit wird es noch mehr Themen geben, die ich euch erklären möchte.
    Bis dahin - Gruß Lotzkat

  • Ich mach im Moment noch ne Ausbildung Zum Physiktechniker- in diesem Jahr noch gehts ab an die FH zum Fahrzeugtechnikstudium - ENDLICH! :D


    Man merkt dass da sehr viel Theorie noch dahinter steckt :)


    Was ich vermisse ist die Praxis. Weil in der Praxis sind gut 3/4 der Domstreben-Lösungen beim Audi 80 (auch bei anderen Fahrzeugtypen) unsinnig, da sie einfach an das Blech verschraubt werden, damit keine direkte Verbindung zum Dom haben und nach wie vor eine Verwindung stattfindet. Hier sollte man eher drauf eingehen, sonst rennen alle hin und verbauen sich Domstreben und schießen am Ziel vorbei.


    Viele Punkte der Beschreibung bekommen mit einem Frontantrieb aber etwas Probleme, bei Mercedes und BMW passt das wohl wie die Faust aufs Auge. Fahr z.B. den ersten Ford Focus ST. Strebe hin oder her, das Gaspedal ist die Lenkung, bzw. mit Lenken hat das nicht mehr viel zu tun, weil die Räder sagen, wo es langgeht ;)


    Nebenbei kann man noch zum Punkt Stabi sagen, ein gut abgestimmtes Fahrwerk benötigt fast keinen Stabi ;)


    Lass dich aber nicht davon abhalten, hier Wissen und Anregungen zu verbreiten ;) Davon lebt ein Forum.

    Audi 80 1.8S Typ89 90PS MKB: PM
    17Zoll Musketier | Supersport ESD | KW40/40 | BeckerGPS+Pioneer, 2Subs,2Amp, DSP
    Audi S4 Avant 2.2T C4 230PS MKB: AAN
    17Zoll RH | Eibach 35/30 | Kenwood, 6ch Amp, 2 Subs
    Audi TT 1.8T 8N 180PS MKB: AJQ
    18Zoll RH | Eibach/Bilstein | VR6 Front | Remus ESD | Kenwood, Bose
    Audi A6 2.0T C7 252PS

    Moderator
    Moderation für:
    "Scene Exclusiv"



  • Man merkt dass da sehr viel Theorie noch dahinter steckt :)


    Was ich vermisse ist die Praxis. Weil in der Praxis sind gut 3/4 der Domstreben-Lösungen beim Audi 80 (auch bei anderen Fahrzeugtypen) unsinnig, da sie einfach an das Blech verschraubt werden, damit keine direkte Verbindung zum Dom haben und nach wie vor eine Verwindung stattfindet. Hier sollte man eher drauf eingehen, sonst rennen alle hin und verbauen sich Domstreben und schießen am Ziel vorbei.

    Ich habe die Verschraubte von Wichers. Ich berichte ja aus Erfahrung, also bringt die verschraubte dennoch etwas. Verwindung wird immer statt finden, allerdings ist die Audi 80 Karosse so weich, dass selbst eine gut verschraubte eine enorme Verbesserung bringt ;) - zudem sollst du die Schrauben nicht nur ansetzen, sondern anballern! dann bringt das auch was :thumbup:


    Viele Punkte der Beschreibung bekommen mit einem Frontantrieb aber etwas Probleme, bei Mercedes und BMW passt das wohl wie die Faust aufs Auge. Fahr z.B. den ersten Ford Focus ST. Strebe hin oder her, das Gaspedal ist die Lenkung, bzw. mit Lenken hat das nicht mehr viel zu tun, weil die Räder sagen, wo es langgeht ;)

    Jain. Wie ich schon sagte, nicht das Kurvenverhalten mit der Lenkpräzision verwechseln. Ich fahre ja auch ein Fronti


    Nebenbei kann man noch zum Punkt Stabi sagen, ein gut abgestimmtes Fahrwerk benötigt fast keinen Stabi ;)

    Wieso nicht? Mit einem Stabi kann man die Balance zwischen Über-und Untersteuern beeinflussen. Haste du Einen heckangetriebenes Fahrzeug hast du naturgemäß ein Übersteuern, verbaust du nun vorn einen harten Stabi, wird das kurven innere Rad entlastet und dadurch hast du an der Vorderachse weniger Grip und du hast plötzlich neutrales Untersteuern :thumbup: wird auch Dreibeinigkeit genannt- beim fronti ist es genau umgekehrt.


    Lass dich aber nicht davon abhalten, hier Wissen und Anregungen zu verbreiten ;) Davon lebt ein Forum.

    Nee, es kommt noch ein bisschen was :D . Das Mit Stabi und Fahrwerk möchte ich noch extra beschreiben. Natürlich kann ichs es hier nur gob zusammenfassen, sonst würde es ja schlichtweg zu lang werden :thumbdown:


    Gruß

  • Ich kann ja Deine Begeisterung einer Domstrebe nachvollziehen.


    Aber leider unterschlägst Du das schwimmende Domlager, dazu das schwächelnde Axialrillenkugellager, die diversen Silentlagerbuchsen der Querlenker / Hilfsrahmenkonstruktion, und speziell die Ausführungen zum Stabi sind mir zu "brisant" beschrieben. Um mal von den Unterschieden vom Antriebskonzept, Fronti, Heck, Allrad, Radführungskonstruktion/Aufhängung und dessen Wirkung auf Vorderwagen / Lenkung abzusehen.


    Kurz, im Grundsatz mag eingiges zutreffen, stimmt aber im Detail betrachtet nur bedingt.


    Und ja.... auch Serienfahrwerke sind/werden wesentlich komplexer und natürlich in der Masse für den "normalen" Straßenverkehr und Nutzer gedacht.

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